Editorial

Das Buch Jesaja kommt recht adventlich daher! Im liturgischen Jahr spielt das Buch vor allem in der Advents- und Weihnachtszeit eine besondere Rolle und wird vielfach in Gottesdiensten gelesen. Unter dem Titel „Jesaja. Quer gelesen“ präsentieren wir neben der liturgischen Rezeption eine Reihe anderer Angänge im Umgang mit dem Propheten: feministische, jüdische, politische, ästhetische …

Ulrich Berges (Bonn) bezeichnet Jes in seinem Stichwort als „liturgische Kathedrale“, entstammt das Buch doch aus verschiedenen Epochen und setzt in sinen Teilen inhaltlich recht unterschiedliche Akzente. Der Liturgiewissenschaftler Stephan Winter (Osnabrück/Münster) möchte mit Jesaja zu einer Politik der Hoffnung finden. Liturgie will zwar keine Anweisungen zur Gestaltung von Tagespolitik geben, dennoch aber den ganzen Menschen prägen – auch den „homo politicus“.

Eine alternative Lesart des Jesaja bietet Irmtraud Fischer (Graz) an, indem sie besonders das Weibliche im Jesajabuch hervorhebt. Es gibt einige Sprachbilder aus der weiblichen Biologie, die aufhorchen lassen. Daniel Krochmalnik (Potsdam) fragt aus jüdischer Sicht nach der Bedeutung des „Gottesknechts“. Möglicherweise ist er eine Person, möglicherweise auch nur eine Personifikation. Die Rolle des Jesaja-Buches im Rahmen der kirchlichen Friedensbewegung in der DDR wird von Ruth Misselwitz (Berlin) beleuchtet. Wolfgang W. Müller OP (Luzern) beschreibt die musikalische Rezeption des Jesaja-Sujets sowohl in der Klassik als auch in der zeitgenössischen Musik.

Dass der Name des Propheten auch Programm sein kann, haben die Dominikaner in Jerusalem erkannt, als sie ihre Gemeinschaft „Saint-Isaïe“ nannten. Das Anliegen Bruno Hussars OP wird von Annie-Laurent näherhin beschrieben. Den Abschluss des Themenheftes bildet die Relektüre eines Jesaja-Kommentars des hl. Hieronymus durch Christian Hornung (Bonn).

Thomas Eggensperger OP/Frano Prcela OP