Wolfgang Beck, Sprung in den Staub. Elemente einer risikofreudigen Praxis christlichen Lebens. Ein Essay, Matthias Grünewald Verlag Ostfildern 2024, 152 S., € 19,–.

Fakt ist: Die katholische Kirche ist in einer schwierigen Lage. Mehr noch: Ein weitverbreiteter Eindruck wird uns tagtäglich vor Augen geführt; dass nämlich die Kirche eine andauernde Krise darstellt, sie geradezu verkörpert. Seit ihren Anfängen befindet sich die Kirche in einem fortwährenden Krisenmodus – mal weniger, mal mehr als solcher von ihr erkannt und dementsprechend angegangen. Nüchtern betrachtet, ist der Krisenzustand nichts Schlimmes. Im Gegenteil.

Was die jeweilige Krise mit der Kirche und in der Kirche bewirkt hat, wissen wir aus der (Kirchen-)Geschichte zur Genüge. Was macht anderseits die Kirche, sowohl als Institution bzw. Gemeinschaft, als auch ihre einzelnen Mitglieder, mit und in dieser nun hochaktuellen Krise? Wird die jetzige prekäre Lage der Kirche von ihr nur verwaltet oder doch gestaltet? Dies alles geschieht wohlgemerkt, wie der Autor dieses Essays immer wieder betont, gerade in einer Zeit ausgeprägter Diskrepanz zwischen erlebter Unübersichtlichkeit und ersehnter Eindeutigkeit – nicht nur innerhalb der Kirche.

Abwarten und untätig zuschauen kann die Kirche sich, bzw. können wir uns, jedenfalls nicht leisten. Weiterhin eine künstlich erzeugte Einheitlichkeit zu forcieren, wäre für die Kirche noch fataler. Die Krise ist wohl zu gravierend und rüttelt an den kirchlichen Grundfesten und den Fundamenten unseres Glaubens. Zarte Schritte des hiesigen synodalen Weges und zögerliche Versuche des weltweiten synodalen Prozesses haben bis dato immerhin zeigen können, dass in der Kirche ein gewisses Wagnispotential an andere, neue Ufer zu gehen, doch vorhanden ist.

Der Autor dieses Buches, Pastoraltheologe und neuerdings Rektor an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt/M., plädiert für mehr als nur bloße risikobereite Schritte. Mit dieser, in gewisser Weise skizzenhaften Zusammenfassung seiner Habilitationsschrift, angereichert mit den persönlichen pastoralen Erfahrungen, empfiehlt er der Kirche und den Christen risikofreudige Offenheit. Sich dabei neugierig, gar lustvoll auf Ungewissheiten einzulassen, bedeutet für Beck an der Anschlussfähigkeit der Kirche und damit auch der Christen in der Welt aktiv mitzuarbeiten. Natürlich birgt dies Risiken. Sie lassen sich nicht vermeiden, sie gilt es, proaktiv zu gestalten.

Außerdem gibt die Welt die Themen vor und nicht die Kirche, wie es mal lange üblich war. Somit kann sich die Kirche keinesfalls Weltflucht erlauben. Die jetzige Kirchenkrise dauert wohl schon eine Weile, sodass mehr und mehr Anzeichen der Denk- und Risikomüdigkeit zu vernehmen sind. Dagegen kann dieses schmale, sehr zu empfehlende Buch ein anregender Impuls zum Weiterdenken und gemeinsamem Hoffen – nicht nur für die Kirche – sein. Ohne Angst und auch ohne Hektik, etwas sofort verändern zu wollen. Denn, „Gelassenheit ist ein wichtiger Bestandteil einer Risikokultur, die nicht auf Kontrolle, sondern auf Vertrauen ausgerichtet ist“ (95).

Frano Prcela OP, Mainz