Markus Krumm / Eugenio Riversi / Alessia Trivellone, Die Erfindung der Katharer. Konstruktion einer Häresie in Mittelalter und Moderne, Verlag Schnell & Steiner Regensburg 2023, 44 zumeist farb. Abb., 208 S., € 30,–.

Die Historikerin A. Trivellone (Université Paul Valéry Montpellier) und ihre beiden Kollegen M. Krumm (Ludwig-Maximilians-Universität München) und E. Riversi (Universität Bonn) befassen sich in ihrer reich bebilderten Studie mit dem Phänomen der Katharer. Im Hintergrund des Buches stehen die vorbereitenden Arbeiten für die Ausstellung „Die Rheinlande und die ‚Erfindung‘ der Katharer. Die Konstruktion eines religiösen Feindbildes im hochmittelalterlichen Europa“ 2022/23 in Bonn und Köln. Der Name „katharoi“ (griech.) bzw. „cathari“ (latinisiert) bedeutet „die Reinen“ und kann bis zu Eusebius von Caesarea († 339/40) zurückverfolgt werden. Anders als die Mitglieder der mittelalterlichen Bewegung gleichen Namens vertraten die spätantiken Katharer allerdings kein dualistisches Weltbild (vgl. 47). In acht Kapiteln dekonstruiert das deutsch-französische Team die angeblich größte häretische Bewegung des Mittelalters. Anhand der einschlägigen Quellen, die allesamt „aus der Feder von Vertretern der Amtskirche“ (11) stammen und hier in deutscher Übersetzung wiedergegeben werden, suchen die Wissenschaftler:in ihre These zu stützen, dass es sich bei den Katharern eher nicht um ein historisches Massenphänomen handelte. So fehlt bspw. der Name „cathari“ in allen überlieferten Quellen (vgl. 62), sei es in der „Historia Albigensis“ oder im Inquisitorenhandbuch des Bernhard Gui OP († 1331). Stattdessen wurde der Nachwelt eine moderne Konstruktion überliefert – im Kern basierend auf einem im Hochmittelalter für den Anti-Ketzerkampf bewusst geschaffenen Feindbild. Im 19. Jahrhundert dann wurde dieser Mythos und seine Stereotype gezielt ausgebaut. Das zeigte an verschiedenen Stellen Europas Wirkung (vgl. Kap. 4 und 5). Heute dient die Konstruktion nicht zuletzt der touristischen Vermarktung des südfranzösischen Languedoc.

Detaillierte Quellen- und Literaturverzeichnisse zu allen acht Kapiteln sowie ein Anhang mit den Bildnachweisen runden die lesefreundliche Studie ab.

Ulrich Engel OP, Berlin