Adrian Kammerer, Der dominikanische Drittorden. Studien zum deutschsprachigen Raum im 15. und frühen 16. Jahrhundert (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens. N.F. Bd. 28), Verlag De Gruyter Berlin – Boston 2022, 219 S., € 99,95.

A. Kammerer (Göttingen), der mit dieser für die Veröffentlichung nur leicht überarbeiteten Schrift 2022 an der Universität zu Köln promoviert wurde, legt einen wichtigen und umfassenden Beitrag zur Geschichte des dominikanischen Drittordens vor. Im Vergleich zum Ersten und Zweiten Orden wurde dieser in der Forschung verhältnismäßig wenig betrachtet und wenn, dann hauptsächlich für Italien. Die Datierung der Drittregel, die in der älteren Forschung sowie in der dominikanischen Geschichtserzählung auf die Anfänge des Ordens gesetzt wurde, wird nun aber meist auf 1405, das Jahr der päpstlichen Approbation, datiert.

Kammerer betrachtet die weitere Entwicklung dieser Regel im Verlauf des 15. und frühen 16. Jahrhunderts innerhalb der Provinz Teutonia. Wie und von wem wurde die Regel verbreitet? Wo wurde sie umgesetzt? Mit wem gab es Konflikte? Von wem kamen die Impulse, die Regel anzunehmen? Wie lebten Terziaren und Terziarinnen mit Brüdern und Schwestern des Ersten und Zweiten Ordens zusammen? Wie hat sich ihre Lebensweise im Verlauf des 15. Jahrhunderts verändert? Und wie ihre Rechtsstellung?

Um diese Fragen zu beantworten, betreibt Kammerer eine dichte, umfassende Literatur- und vor allem Quellenarbeit, die passend ausgewählt und bei Bedarf logisch erweitert ist (etwa um Vergleiche mit den Franziskanertertiaren). Seine aussagekräftige Analytik erfolgt dabei immer transparent und nachvollziehbar und wird dem Leser durch regelmäßige Fazits zusätzlich leicht verständlich gemacht. Ebenfalls transparent sind die Schwierigkeiten, die das Quellenmaterial bereitet – etwa, dass überregionale Schriften zum Drittorden rar sind. Kammerer untersucht daher eine breite Auswahl lokaler Beispiele, etwa in Frankfurt, Freiburg, Straßburg, Rottweil, Nürnberg, Dorfkemmathen oder Meschede, woraus sich differenzierte Antworten auf seine Forschungsfragen ergeben. So kann Kammerer deutlich machen, dass es nicht nur die dominikanische Obrigkeit war, die die Regulierung von Frauengemeinschaften und damit deren Anbindung an den Gesamtorden betrieb, sondern dass zahlreiche Akteure, etwa auch der Konstanzer Bischof, diese Entwicklung förderten. Besonders erfreulich ist, dass Kammerer hier dezidiert auf die weibliche agency blickt und fragt, inwieweit es die Terziarinnen (in den allermeisten Fällen tauchen Frauen in den Quellen auf) selbst waren, die ihre Regulation anstrebten.

Immer mitgedacht wird das Verhältnis der Drittordensregel zur im Betrachtungszeitraum so bedeutsamen Reform der Dominikaner. Interessant ist, dass auch hier eine differenzierte Antwort gegeben wird. Kammerer kann sowohl bei Konventualen als auch Observanten starke Bezüge zum Drittorden nachweisen – manchmal auch mit, auf den ersten Blick überraschenden Ergebnissen, etwa dass gerade observante Frauenklöster männliche Terziaren als Dienstleute beschäftigten.

Auch wenn Kammerer eine breite Quellenbasis erschließt, macht er doch auch deutlich, dass sich die praktische Lebensweise der Terziarinnen in diesen mehrheitlich normativen Quellen oft nur schwer erahnen lässt. Am besten gelingt ihm das bei den als Dienstboten eingesetzten Terziaren. Auch kann er, analog zur Entwicklung bei den Franziskanerterziarinnen, eine Tendenz zur Verklösterlichung im Laufe des 15. Jahrhunderts aufzeigen, bei der dominikanische Terziarinnen zunehmend auch die Gelübde der Armut und Keuschheit annahmen und auch in der Rechtsstellung (etwa Unabhängigkeit von weltlichen Gerichten) den beiden anderen Ordenszweigen gleichgestellt wurden. Bei der spannenden Frage, wie groß in solchen Fällen dann noch die praktischen Unterschiede zwischen Terziarinnen und Nonnen des Zweiten Ordens gewesen sein dürften, geht die Aussagekraft der Quellen leider zur Neige. Sie müsste aber sowieso für jeden Einzelfall neu gestellt werden, denn besonders deutlich macht Kammerer, dass die Anwendung der Drittregel außerordentlich vielfältig war, dass zahlreiche Akteure und Akteurinnen auf sie einwirkten und ihre Anwendung je nach sozialen und lokalen Bedingungen modifiziert wurde.

Abschließend gibt Kammerer dem Leser noch eine kleine Auswahl von ihm verwendeter Quellen in edierter Form an die Hand. Etwas schade ist, dass hier auf die so oft verwiesene Drittordensregel von 1405 verzichtet wurde. Da diese aber bereits mehrfach (zuletzt 2005) publiziert und zudem von Kammerer selbst anfangs (21 f.) zusammengefasst wurde, ist dies gut verkraftbar.

Frederik Hochdorfer, Tübingen