Editorial
Gerechtigkeit ist eine höchst relevante Tugend, sie ist präsent im gesellschaftlichen Diskurs, aber je mehr man sich mit ihr befasst, desto deutlicher wird, wie sehr sie nach Abwägung verlangt. „Gerechtigkeit – eine Ermessenssache“, so lautet das Thema dieses Heftes, dessen Intention es ist, das Spektrum des Gerechten aufzufächern.
K. Leniger (Würzburg) stellt zu Beginn die Frage, ob Recht ungerecht sein darf; sie zeigt auf, dass es auf dem Weg zu einem gerechteren Recht der gesellschaftlichen Partizipation bedarf. Der in Tübingen lehrende Moraltheologe F.-J. Bormann skizziert die Leistungsgerechtigkeit als das Stiefkind des neueren Gerechtigkeitsdiskurses, angefangen bei Aristoteles über John Rawls bis hin zu den Debatten der Gegenwart, die handeln vom Arbeitslohn, von der Gesundheitsvorsorge und von der Erbschaftssteuer. Der Publizist Andreas R. Batlogg SJ (München) stellt das Wechselverhältnis von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit im Ansatz seines päpstlichen Mitbruders Franziskus dar. Der Sozialethiker G. Kruip (Mainz) erörtert die Bildungsgerechtigkeit, und der Moraltheologe M. M. Lintner OSM (Brixen) geht auf die Rolle von Gerechtigkeit (bzw. Liebe) in einer menschlichen Beziehung ein.
Der US-amerikanische Theologe M. Fox skizziert soziale und ökologische Gerechtigkeit in den Spuren dominikanischer Spiritualität (u.a. bei Meister Eckhart, Thomas v. Aquin und M.-Dominique Chenu). R. de Luis Carballada OP (Salamanca) erinnert an die Lebensgeschichte des vor 500 Jahren geborenen Bischofs Diego de Deza OP und dessen theologisches Konzept. U. EngelOP (Berlin) unterzieht J. Derridas Studie „Gesetzeskraft“ aus dem Jahr 1991 einer würdigenden Relecture.
Die Ausgabe von „Wort und Antwort“ lädt ein, sich mit der Palette von Gerechtigkeitsfragen auseinanderzusetzen!