Editorial
Um die Protestbewegung in Iran, die im September 2022 nach dem gewaltsamen Tod der jungen Kurdin Zhina Mahsa Amini, die von der sog. Sittenpolizei wegen eines angeblich nicht ordnungsgemäß getragenen Hidschabs verhaftet worden war, ihren Anfang nahm, ist es ruhiger geworden. Doch auch wenn sich der Ruf nach Freiheit derzeit weniger stark wahrnehmbar artikuliert, so zeigt die jüngere Geschichte Irans, dass Iraner*innen inner- und außerhalb des Landes einen ungebrochenen Willen zur Veränderung haben. Die Geschichte lehrt aber ebenso, dass es dem Regime seit Gründung der Islamischen Republik 1979 stets gelungen ist, sich gegen große Teile des eigenen Volkes zu behaupten. Welchen Preis, oder gar Blutzoll, sind Menschen bereit zu zahlen, um für ihre Freiheitsrechte einzustehen? WORT UND ANTWORT widmet sich dem Thema in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Abrahamitische Religionen mit Schwerpunkt Islam und interreligiöser Dialog an der Theologischen Fakultät Trier.
Im ‚Stichwort‘ zeigt die Iranistin und Literaturwissenschaftlerin Roxane Haag-Higuchi (Bamberg) die Nuancen des Freiheitsmotivs in der modernen persischen Literatur auf. Die Bibelwissenschaftlerinnen Lara Mayer und Carolin Neuber (beide Trier) diskutieren anhand der im Perserreich angesiedelten Estererzählung, wie nahe sich weiblicher Widerstand und Unterwerfung mitunter sein können. Die Islamwissenschaftler*innen Roman Seidel (Bochum) und Katajun Amirpur (Köln) arbeiten Unterschiede der Zhina-Revolte zur Reformbewegung unter Staatspräsident Khatami um die Jahrtausendwende sowie zum Projekt eines Reformislams der religiösen Intellektuellen Abdolkarim Soroush und Mohammad Shabestari heraus. Einen Einblick, wie zeitgenössische iranische Künstler*innen in ihrer Arbeit mit der Zensur umgehen, gewährt die Kunsthistorikerin Hannah Jacobi (Berlin). Mehrdad Nejati (Weißandt-Gölzau) behandelt die Rolle sog. Exil-Iraner*innen in Deutschland und deren Rückbezug auf die verlorene Heimat. Anaël Levy (Paris) stellt einen franco-ägyptischen Dominikaner jüdischer Herkunft vor, der als Iranist und Religionswissenschaftler die altiranische Religion erforschte: Jean Pierre de Menasce OP. Zuletzt erinnert Dennis Halft OP (Berlin/Trier) im ‚Wiedergelesen‘ an den englischen Dominikaner Cyprian Rice OP, der sich Anfang der 1930er Jahre für eine andere Art der ‚Mission‘ in Persien und die Gründung einer dominikanischen Niederlassung in Schiras einsetzte.
Gedankt sei an dieser Stelle, neben den Autor*innen, auch Laurentius Höhn OP für seine Übersetzung und den Mitarbeiter*innen am Trierer Lehrstuhl, Elena Wirtz und Wanja Kirchhoff, für ihre bewährte Korrekturarbeit.