Bücher

Melchor Cano, Relectiones theologicae. Relecciones teológicas (Teil I und II). Hrsg. und komment. und ins Spanische übersetzt v. Juan Belda Plans. Mit einer Einleitung v. Thomas Duve (Politische Philosophie und Rechtstheorie des Mittelalters und der Neuzeit Bd. I, 16, 1–2), Verlag Frommann-Holzboog Stuttgart-Bad Cannstatt 2023, 658 S., € 396,–.

In zwei Teilen liegt nun die kritische Edition Melchor Canos „Relectiones theologicae“ vor. Sie wurden aus dem Lateinischen durch den Theologen J. Belda Plans (Navarra) ins Spanische übersetzt. Cano – ein Vertreter der Schule von Salamanca (1509–1560) – diskutiert in diesem im Jahr 1550 erschienenen Traktat sein Konzept von Sakrament und Buße auf der Grundlage der laufenden Debatten auf dem Konzil von Trient. Kurz darauf wird er von Kaiser Karl V. als Theologe des kaiserlichen Hofes zum Konzil gesandt.

Der erste Text beschäftigt sich mit der Sakramentenlehre im allgemeinen („De sacramentis in genere“, 3–171) und der zweite Text mit dem Bußsakrament im besonderen („relectio De poenitentia“, 173–635). Die Studie über Sakramente setzt sich mit zwei damals relevanten Fragen im Umfeld der spanischen Kolonialherrschaft in Amerika auseinander. Erstens geht es um die Notwendigkeit des Glaubens an Christus zum Heil der Seele, d.h. mittelbar um die Verantwortung der Conquistadoren und Missionare für die Evangelisierung Amerikas. Zweitens diskutiert Cano das damals aktuelle Problem, auf welche Weise die Sakramente Gnade bewirken. Seine These lautet, dass die Sakramente Wirkursache und instrumentelle Ursache („causa“) für die Gnade sind. Letztlich werden praktische und für die damalige Pastoral wichtige Probleme theologisch argumentierend (biblisch, patristisch, spekulativ) erörtert. „Das geschieht in einem wissenschaftlichen Stil, ohne apologetische Polemik, in einem auf den innerkatholischen Diskurs gerichteten Dialog. Zweifellos kreisen konkrete Fälle um protestantische Lehren und Ansichten. Doch diese werden nicht in einer übertriebenen apologetischen Haltung, sondern durch Konzentration auf die übergeordneten Aspekte gelöst.“ – so Belda Plans (I, XII). Konkretisiert wird die Theorie zu den Sakramenten im zweiten Text am Beispiel der Buße, das als Sakrament bei Cano eine besondere Bedeutung erhält und auch auf dem Konzil in Abgrenzung zur protestantischen Theologie eine gewisse Priorität erhalten sollte.

Der Rechtshistoriker Thomas Duve (Max-Planck-Institut Frankfurt/M.) führt in die Texte ein („Die Relectiones von Melchior Cano und die Geschichte des Rechtsdenkens.“, XXXIX–LII) und möchte die besondere Relevanz für die Geschichte des Rechtsdenkens hervorheben. Cano war ein Schüler Francisco de Vitorias und wurde sein Nachfolger auf dessen theologischem Lehrstuhl in Salamanca. Die beiden vorliegenden Texte sind Früchte der jährlich stattfindenden feierlichen Vorlesungen für die gesamte Universität. Sie griffen Themen des Konzils auf und aufgrund der Brisanz wurden die Vorlesungen zügig in Druck gegeben. Duve verweist auf die Tendenz der „Verrechtlichung des Gewissens“ (XLV) hinsichtlich der diskutierten Bedeutung des Bußsakraments. Belda Plans lässt hinsichtlich der beiden Texte eine historisch-kritische Untersuchung („Estudio histórico-critico de la Relecciones“, LIII–CXII) folgen, nicht zuletzt um die komplexe inhaltliche Struktur umfassend darzustellen.

Mit der Edition und Übersetzung des Relectiones haben sich die Verantwortlichen einen hohen Verdienst erworben, um der interessierten Leserschaft einen wichtigen Text Melchor Canos zugänglich zu machen, der eher bekannt ist als Autor der „Loci theologici“, die für die theologische Erkenntnislehre bis heute maßgeblich sind.

Thomas Eggensperger OP, Berlin