Nancy L. Eiesland, Der behinderte Gott. Anstöße zu einer Befreiungstheologie der Behinderung, übersetzt und eingeleitet von Werner Schüßler, Echter Verlag Würzburg 2018, 176 S., € 14,90.

„The Disabled God“ von N.L. Eiesland erschien im englischen Original bereits 1994. W. Schüßler hat das Werk ins Deutsche übersetzt; er bezeichnet es als ein „Muss für angehende Theologinnen und Theologen“ (7). Und tatsächlich bietet dieses Werk bedeutende Denkanstöße gerade auch für die gegenwärtige kirchliche Praxis.

Eiesland geht in ihrem Werk sehr strukturiert vor. Zunächst arbeitet sie verschiedene Aspekte zum Thema auf und liefert Begriffserklärungen zum Thema Behinderung. Anschließend lässt sie betroffene Menschen zu Wort kommen. Dies gibt ihren Überlegungen eine konkrete und vor allem nachvollziehbare Basis. Das 3. Kapitel widmet sie verschiedensten politischen Entwicklungen, die insbesondere für die Behindertenrechtsbewegung in den USA von Bedeutung sind. Als „eine amerikanische Tragödie“ (94) bezeichnet die Verf. die Bemühungen der American Lutheran Church (ALC), einen Umgang mit Menschen mit Behinderung zu finden. In diesem Zusammenhang wird auch die Rolle der christlichen Kirchen im Umgang mit Menschen mit Behinderung thematisiert. „Anstatt Menschen mit Behinderung zu bestärken, hat die Kirche nicht selten gesellschaftliche Strukturen und Einstellungen unterstützt, die diese wie Objekte des Mitleids und der Bevormundung behandelt haben“ (22). In den beiden abschließenden Kapiteln beschäftigt sich Eiesland mit der titelgebenden Frage nach dem Behinderten Gott und mit den Folgen, die solch ein Gottesbild für Theologie und pastorale Praxis haben muss. Dabei deckt sie eindrücklich strukturelle Missstände auf, die Menschen mit Behinderung in unseren Kirchen diskriminieren. Beginnend bei baulichen Hürden über die Frage der Zulassung zu kirchlichen Ämtern bis hin zur religiösen Zeichensprache. Zu letzterer gehört auch die Rede vom behinderten Gott, einem Gott, der eben nicht einem körperlichen Ideal entspricht, sondern der gekreuzigte, der durchbohrte und damit letztlich der behinderte Gott ist. Einige der Aspekte, die von Nancy L. Eiesland angesprochen werden, mögen sich mittlerweile zum besseren gewandelt haben. Viele Fragen aber bleiben nach wie vor aktuell und brisant. Daher gilt tatsächlich die Aussage, die W. Schüßler in seiner Einleitung zur deutschen Übersetzung getroffen hat: dieser theologische Klassiker „ist ein Muss für alle angehenden Theologinnen und Theologen.“ (7).

Christoph T. Brandt OP, Münster