Bücher

Johano Strasser (Hrsg.), Das freie Wort. Vom öffentlichen Gebrauch der Vernunft im postfaktischen Zeitalter, Verlag Allitera München 2017, 208 S., € 19,90.

Das „Postfaktische“ hat sich zum Reizbegriff entwickelt und priorisiert die „Meinung“ vor der „Wahrheit“. Wenn dem so ist, dann handelt es sich dabei um einen Prozess, dessen Ausgang höchst ungewiss ist. Das Phänomen ist nicht neu, sondern findet sich, wie der Herausgeber J. Strasser in seiner Einleitung darlegt, bereits in der antiken Tradition, die zwischen doxa und episteme, d. h. zwischen Meinung und Wahrheit unterscheidet. „Die Meinung galt als unzuverlässig, als nicht generalisierbar, als das Produkt individueller Befindlichkeiten oder gedankenloser Aneignung von Gehörtem, wohingegen die Wahrheit als das Ergebnis ernsthaften Nachdenkens und der Überprüfung des Gedachten im öffentlich argumentativen Diskurs angesehen wurde.“ (13) Das klingt nach Aufklärung – in der jeder seine Meinung frei äußern dürfen sollte, aber die Meinung anderer ebenfalls zu tolerieren habe –, aber auch bei den Griechen stand der Verdacht im Raum, dass es sich dabei nur um den Diskurs einer kleinen Elite handle, aber das gemeine Volk außen vor bliebe. In der AfD, die sich gerne zum Sprachrohr der vermeintlich nicht Gehörten macht, feiert diese Position fröhlich Urständ …

Vertreter*innen der politischen, kulturellen und akademischen Welt äußern sich in den gut Dutzend Beiträgen zum Thema und stellen ihre Sicht der Dinge dar. So finden sich Artikel profilierter Autor*innen wie Gesine Schwan, Wolfgang Thierse oder Julian Nida-Rümelin, die sich, wie die anderen auch, mit dem Thema des freien Worts auseinandersetzen, das dem Postfaktischen Widerspruch zu geben weiß.

Ein Buch, das inspiriert und zum Nachdenken anregt – und nicht zuletzt aufgrund der durch den Kauf geleisteten Unterstützung eines Beratungszentrums für Folteropfer („Refugium München“) zu einer praktischen Hilfe wird!

Thomas Eggensperger OP, Berlin – Münster