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Jörg Ernesti, Friedensmacht. Die vatikanische Außenpolitik seit 1870, Verlag Herder Freiburg/Br. 2022, 367 S., € 34,–.

Es ist das Verdienst des in Augsburg lehrenden Kirchengeschichtlers J. Ernesti, in seiner Monographie die je nach Papst variierende Außenpolitik des Hl. Stuhls darzustellen, um deutlich zu machen, dass dieser zwar seit dem Ende des Kirchenstaats (1870) keine wirtschaftliche oder militärische Macht mehr hatte, aber umso mehr dessen politischen Einfluss geltend machen konnte. In einem ersten Teil werden „Grundkoordinaten“ (15–47) bestimmt, die vor allem notwendige Begriffsklärungen darstellen.

Der zweite Teil ist ein „Gang durch die Geschichte“ (49–244) der unterschiedlichen päpstlichen Außenpolitiken, beginnend mit dem „Begründer der modernen vatikanischen Außenpolitik“ (57), Papst Leo XIII., über die „politikferne Zeit“ (87) von Pius X. hin zu Päpsten zwischen den beiden Weltkriegen, Benedikt XV., Pius XI. und vor allem die Person des „Diplomatenpapstes par excellence“ (120), Pius XII. Dessen Zurückhaltung in der Judenfrage aber betrachtet der Autor als „Versagen“ (125), mit dem der Papst in seiner Zeit aber nicht allein stand, wussten doch die westlichen Staatsführer allesamt mehr, als was sie öffentlich bekannt machten. Seit dem Vaticanum II. änderte sich vieles, auch das Selbstverständnis des Hl. Stuhls hinsichtlich seiner politischen Einflussnahme auf das Weltgeschehen. Johannes XXIII. betonte den Wert von Frieden und Gerechtigkeit, Paul VI. setzte diese Art der Politik fort: „Das ‚Zeitalter der Diplomatenpäpste‘ erreichte in Giovanni Baptista Montini seinen Höhepunkt. Er reflektiert das außenpolitische Erbe seiner Vorgänger und entwickelt es zugleich weiter.“ (157) Johannes Paul II. provozierte mit seiner Strategie einen „Internationalisierungsschub“ (187). Nach dem eher glücklosen Übergangspapst Benedikt XVI. sieht der Autor im außenpolitischen Konzept von Papst Franziskus sowohl Kontinuität als auch Neuansätze (u. a. Migration, Klimawandel).

Im dritten Teil skizziert Ernesti seine „Standortbestimmung“ (245–261) betreffend die vatikanische Außenpolitik und ihrer zentralen Anliegen, Chancen und Grenzen. Den Abschluss bildet ein ausführlicher und in sich informativer Bildteil (263–303).

Die gut lesbare, verständlich geschriebene Studie ist instruktiv sowie inspirierend zugleich und macht die „Friedensmacht“ in Rom sehr versteh- und nachvollziehbar.

Thomas Eggensperger OP, Berlin