Kamila Barbara Riß, Liturgie im Kontext der Migration. Polnischsprachige Gemeinden in Deutschland (Erfurter Theologische Studien Bd. 118), Verlag Echter Würzburg 2020, 408 S., € 24,–.

Die vorliegende Studie über die Liturgie im Kontext der Migration am Beispiel der polnischsprachigen katholischen Gemeinden in Deutschland gründet sich zunächst aus der persönlichen Erfahrung der Differenzen zwischen den liturgischen und paraliturgischen Bräuchen der katholischen Kirche, welche die Autorin K. B. Riß in Polen und in Deutschland gemacht hat. Ihre Reflexion über diese Erfahrung hat sie als Promotion an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Erfurt systematisch überarbeitet und im Jahr 2017 als Dissertation vorgelegt.

Die polnischsprachigen Gemeinden in Deutschland, die im Buch in verschiedenen historischen Kontexten zwischen 1831 und 2014 betrachtet werden, bieten der Autorin eine der besten Gelegenheiten, die umstrittene Frage der innerkirchlichen Integration (die ihrerseits teilweise mit der sozial-gesellschaftlichen Integration zusammenhängt) zu behandeln. Vorangestellt ist ein strukturiertes Quellenverzeichnis (XIII–L), welches sowohl deutsche und polnische liturgische Bücher als auch weltkirchliche und ortskirchliche Dokumente zur Migration und Seelsorge umfasst. Danach definiert Riß zunächst den Kontext ihrer Untersuchung (A. Einleitung, 1–18) und die Begrifflichkeiten (B. Begriffserklärung, 19–50): der Gegenstand dieser Studie ist nämlich nur bedingt mit den allgemeinen anthropologischen und sozialen Hintergründen der Migration verbunden, das Hauptinteresse liegt vielmehr an jenen Aspekten, die das Phänomen der „zwei Kirchen“ (in diesem Fall, der „deutschen“ und der „polnischen“, 1) desselben Ritus auf einem Territorium erklären können.

So sind die nächsten vier großen Kapitel des Buches dieser Erklärung gewidmet. Im ersten Kapitel (C. Die Mehrdimensionalität der Liturgie, 51–144) wird gezeigt, dass die nationalen Spezifika in der Liturgie und Paraliturgie tatsächlich existieren, sie sind nicht allein sprachlich und sie sind gerade als solche (und nicht einfach nur als zufällige Differenzen) erkennbar; sie sind ein wichtiger Bestandteil der national-religiösen Identität, und sie spielen trotzdem auch eine integrierende Rolle in der Gesellschaft. Die Integration wird nämlich durch die Anbindung der „polnischen“ (so, wie auch der „deutschen“) Kirche in die Weltkirche gewährleistet.

Seit der Institutionalisierung der Kirche und der Entstehung der Pilgerorte existieren auch die fremdsprachigen Missionen, die als katholische Anlaufstellen für die Menschen im Ausland dienen. Deshalb wird im nächsten Kapitel (D. Die fremdsprachigen katholischen Missionen, 145–176) auf dieses Thema eingegangen, insbesondere bezogen auf die Situation der polnischen Migranten in Deutschland und auf die Rolle der Polnischen Katholischen Mission aus kirchenrechtlicher und sozialer Sicht.

Das dritte Kapitel (E. Liturgie im Kontext der Migration in den kirchlichen Dokumenten, 177–287) behandelt die kirchlichen Regelungen im seelsorgerischen und liturgischen Bereich. Riß analysiert mehrere Dokumente ab dem Zweiten Vatikanischen Konzil bis zum Jahr 2004 zum Thema der Migrantenseelsorge, dabei betrachtet sie sowohl die weltkirchlichen Dokumente als auch die lokalen (deutschen und polnischen) und gemeinsamen Bestimmungen der beiden Bischofskonferenzen und einzelner kirchlicher Amtsträger. Als das Wesentliche in all diesen Schreiben, besonders in den Dokumenten der Deutschen und der Polnischen Bischofskonferenzen, identifiziert die Autorin die wiederholte Unterstreichung der Notwendigkeit, die fremdsprachigen Gemeinden zu unterstützen, weil das „zur Stärkung und Vertiefung der Religiosität“ (286) der Menschen beiträgt.

Das letzte Kapitel (F. Polnischsprachige Seelsorge in Deutschland – Geschichte und liturgische Feierpraxis, 289–392) ist der Geschichte der polnischen Migration nach Deutschland in den Jahren bis 2014 gewidmet; die Situation der polnischen katholischen Gemeinden und die Besonderheiten ihres liturgischen und paraliturgischen Lebens werden in historischen und in geographischer Perspektive dargelegt.

Das Buch endet mit den abschließenden Bemerkungen (G. Abschließende Überlegungen, 393–398) und einem kleinen Anhang (399–408), in dem einige Ergebnisse der Interviews mit polnischen Gläubigen in Deutschland vorgestellt werden.

Das Buch gibt einen interessanten Einblick in das Leben der polnischen katholischen Gemeinden in Deutschland und kann somit auch zu mehr kirchlicher Integration beitragen.

Jana Ilnicka, Erfurt