Rezensionen

Vinzenz Ferrer, Predigten. Ausgewählt, eingeleitet und aus dem Katalanischen übersetzt von Gret Schib Torra (Katalanische Literatur des Mittelalters Bd. 7), Lit Verlag Berlin 2014, 173 S., € 24,90.

Die Schweizer Linguistin G. Schib Torra (*1940) mit dem Schwerpunkt Katalanisch präsentiert auf 158 Seiten 18 Predigten des spanischen Predigerbruders Vinzenz Ferrer. Sie hatte u. a. bereits die während des spanischen Bürgerkriegs (1936–1939) unterbrochene katalanische Ausgabe der „Sermons“ von Vinzenz Ferrer, die als Ausgangspunkt für die vorliegende Übersetzung diente, mit den Bänden III bis VI fortgesetzt und 1977 einen philologischen Kommentar über sein Vokabular verfasst. Die 11 Seiten umfassende Einführung bietet einen Einblick in die Quellen zur Biographie, in den historischen Kontext, in Aufbau, Sprache und Stilmittel der Predigten, zentrale Themen und die Textüberlieferung sowie eine Auswahlbibliothek; angehängt ist ein Quellennachweis. Die ausgewählten Predigten stammen aus der Zeit zwischen 1413 und 1417 (9). Schib Torra wählte die Texte danach aus, für wie repräsentativ sie diese hielt, sie sollten „viele lebhafte Dinge oder unterhaltsame Exempla enthalten oder zeitgenössische Ereignisse kommentieren“ (10). Eine Hälfte der Predigten entstand anlässlich verschiedener Heiligenfest wie dem des hl. Martin, die andere ist den Sonntagen oder Hochfesten im Jahreskreis zugeordnet. Als besonderer Service wurden die im Original oft fehlerhaft oder verkürzt wiedergegebenen Bibelzitate in lateinischer Sprache im Text nach heute zugänglicher Vulgata aufbereitet und mit Kapital- und Versangabe versehen in den Fußnoten übersetzt, einige bieten auch sprachliche Anmerkungen und knappe Texterklärungen. Im Mittelpunkt der Predigten steht die Paränese: der Aufruf der Christen zu Umkehr und Buße sowie der Juden und Muslime zum Religionswechsel, deren Dringlichkeit durch das bevorstehende Weltende gegeben sei. Wer sich für Gedankenwelt dieses spätmittelalterlichen Predigers interessiert, bekommt eine anregende Lektüre, die Appetit macht auf eine systematische Analyse des Gesamtcorpus der Ferrerschen Predigten, das noch nicht in deutscher Übersetzung vorliegt. Für Historiker*innen wären präzisere Angaben zur Datierung der Predigten hilfreich, die sich etwa aus Andeutungen zu seinem Verhältnis zu Papst Benedikt XIII. erschließen lassen, sowie Angaben über die Orte, an denen Ferrer die Predigten auf seinen Reisen hielt.

Norbert Schmeiser, Waldshut