Friederike Rass / Anita Sophia Horn / Michael U. Braunschweig (Hrsg.), Entzug des Göttlichen. Interdiszipli­näre Beiträge zu Jean-Luc Nancys Projekt einer „Dekon­struktion des Christentums“, Verlag Karl Alber Freiburg/Br. – München 2017, 175 S., € 24,99.

Zu allererst sind der Alber Verlag und sein Leiter Lukas Traber zu loben, ist es doch nicht selbstverständlich, dass ein renommiertes Unternehmen die Beiträge einer Tagung junger Wissenschaftler/-innen in sein Programm aufnimmt. Insofern die wissenschaftliche Nachwuchsförderung angesichts befristeter Stellen und finanzieller Engpässe speziell im Bereich der Geisteswissenschaften heute dringlicher denn je ist, gilt es das hier anzuzeigende Buch in besonderer Weise zu würdigen.

Die im Hintergrund des von M. Braunschweig (Institut für Sozialethik, Universität Zürich), A.S. Horn (Ethik-Zentrum, Universität Zürich/Law School, Universität St. Gallen) und F. Rass (Theologische Fakultät, Universität Zürich/Collegium Helveticum, Zürich) verantworteten Buchs stehende Nachwuchstagung am ­Zürcher Collegium Helveticum setzte sich in interdisziplinärer Weise mit Jean-Luc Nancys Werk „Die Dekonstruktion des Christentums“ (2005; dt. 2008) auseinander. Angestoßen durch Nancys Frage nach dem geistesgeschichtlichen und gesellschaftspolitischen Stellenwert des Christentums in postchristlichen Kontexten widmen sich die Beiträge der allgemeinen Verortung des Phänomens der Religion in pluralistischen Gemeinschaften. Die Autor/-innen untersuchen Nancys Entwurf in formallogischer Hinsicht (Stefan Berg, Zürich), mit theologischem Interesse ­(Johanna Breidenbach, Zürich), in ekklesiologischer Perspektive (Patrick Ebert, Heidelberg), aus der Sicht der praktischen Vernunft (Jonas Erulo, Münster), unter ethischen Vorzeichen (Stephan Jütte, Zürich), unter dogmatischen Aspekten (Fana Schiefen, Münster), mit dialogischer Intention (Luca Viglialoro, Ravenna), aus negativ-theologischer Richtung (F. Rass) und auch mit dem Gefühl eines „ambivalenten Unbehagens (88) (Hartmut von Sass, Zürich). Der Band schließt mit einem Beitrag des in Strasbourg lehrenden Philosophen Jean-Luc Nancy selbst; in diesem stellt er sich den ihm schriftlich zugestellten, teils kritischen Anfragen der Teilnehmenden der Tagung. Hier werden Nancys Intentionen noch einmal auf den Punkt ­gebracht, wenn er etwa auf die von Luca Viglialoro ­vorgebrachte Frage nach den Status des Körpers und seiner Praktiken im Verhältnis zum verklärten Leib letzteren „das Gegenstück zur Inkarnation“ (163) identifiziert, welches seinen Ort allerdings nicht in einem ‚Jenseits‘ außerhalb der Materialität des Körpers hat, „sondern in Leben und Tod dieses einzelnen Körpers“ (164).

Ulrich Engel OP, Berlin – Münster