Editorial

Was zu einem Sterbeprozess zählt, ist nicht einfach zu definieren. Weder ist der Beginn des Sterbens zeitlich eindeutig bestimmbar, noch konnte man sich bislang auf eine verbindliche Definition über den Todeszeitpunkt – also über das Ende des Sterbens – verständigen. Persönliche wie gesellschaftliche Einstellungen beeinflussen den Sterbeprozess, dem sich die vorliegende Wort und Antwort-Ausgabe widmet. So romantisierte der Biedermeier-Maler Carl Spitzweg etwa den Tod ins Idyllische hinein: „Ganz sanft im Schlafe möcht ich sterben / Und tot sein, wenn ich aufwach!“ Ganz anders begegnet der Prozess des Vergehens im Philipper-Brief, wo Paulus im Blick auf den auferweckten Christus sein persönliches Sterben als einen „Gewinn“ (Phil 1,21) bekennt. Gewinnbringend in anderer Hinsicht ist das Sterben für den Schweizer Verein für Freitodbegleitung „Exit“, dessen 53.000 Mitglieder 35 CHF Jahresbeitrag zahlen.

In neuerer Zeit werden Sterbeprozesse auch in übertragenem Sinne debattiert. So problematisiert Sabine Horstmann (Dortmund) in gesellschaftspolitischer Hinsicht die aktuell einseitige Aufmerksamkeit für das Artensterben, während Laetitia Röckemann OP (Schwalmtal-Waldniel) ihren Beitrag kirchlich fokussiert und sich mit dem Sterben ganzer Klostergemeinschaften befasst. Oftmals entschärfende Umgangsweisen mit dem Wissen um die unweigerlich auf den Mensch zukommende Endphase des Lebens betrachtet Johann Ev. Hafner (Potsdam) aus religionswissenschaftlicher Sicht. Die in der Schweiz weithin bekannte Seelsorgerin Ingrid Grave OP (Ilanz) berichtet, wie sie eine zum selbstbestimmten Sterben entschlossene Domina bis in ihren Tod begleitet hat. Angesichts des Angriffskriegs auf die Ukraine, zivilem Widerstand gegen Ungerechtigkeiten und religiös begründetem Martyrium fragt Klaus Mertes SJ (Berlin), wofür es sich zu sterben lohnt. Im „Stichwort“ problematisiert Franziskus Knoll OP (Chur) die immer wieder gern zitierte Kategorie eines „würdevollen“ Sterbens. Norbert Schmeiser (Bad Säckingen) stellt mit Rose Hawthorne Lathrop eine Dominikanerin vor, die sich in den von ihr gegründeten Einrichtungen für Krebskranke um ein solches Sterben in Würde gesorgt hat. Schlussendlich erinnert Theresa Denger (San Salvador) mit ihrer Relecture eines Textes von Jon Sobrino SJ an Leben, Kampf und vorzeitigen Tod so vieler Campesinos und Kleriker aus dem „gekreuzigten Volk“ El Salvadors.

Besonders gedankt sei Sidney Kaufmann (Berlin), der für dieses Heft die Aufgabe des Redaktionssekretärs übernommen hat.

Ulrich Engel OP/ Dennis Halft OP