Christian Ranacher, Heilseffizienz aus Gemeinschaftssinn. Die Rosenkranzbruderschaft als innovative Form der Jenseitsvorsorge um 1500 (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens – Neue Folge Bd. 26), Verlag De Gruyter Berlin – Boston 2022, 318 S., € 92,95.

Welch große Bedeutung die Dominikaner einst dem Beten des Rosenkranzes beimaßen, wird heute kaum noch jemanden bewusst sein. Dass er als zentrales Element ihrer Frömmigkeitsarbeit gelten kann, macht C. Ranacher (Dresden) in dieser Studie, mit der er 2020 promoviert wurde, mehr als deutlich. Eine wichtige Grundannahme seines Buchs stellt die gewaltige Furcht vor dem Fegefeuer dar, die um 1500 weit verbreitet war. Das eigene Seelenheil vor den Flammen zu bewahren, war ein zentrales Ziel der Frömmigkeit der breiten Bevölkerung. Um dies zu erreichen, waren im ausgehenden Mittelalter zahlreiche Bruderschaften aktiv, in denen sowohl Priester als auch Laien beiderlei Geschlechts durch gemeinsame Frömmigkeitsbekundungen ihre Zeit im Fegefeuer verkürzen wollten. Auch die Dominikaner gründeten hierzu eine Gemeinschaft, die titelgebende Rosenkranzbruderschaft. Hauptthese des Verfassers ist, dass diese einen neuen, effizienteren Ansatz verfolgte, der mit möglichst wenig Einsatz möglichst hohen Ertrag erzielen sollte. Nur drei Rosenkranzgebete pro Woche gaben Zugang zu weitreichenden Ablässen. Ermöglicht werden sollte dies v. a. durch die gewaltige Anzahl an Mitgliedern der Bruderschaft. Um diese These zu belegen, strengt der Verfasser einen Vergleich zwischen der Rosenkranzbruderschaft und einer etablierten Bruderschaft an. Zunächst mag es irritieren, warum dazu eine Dresdner Bruderschaft ausgewählt wurde, wenn doch die Rosenkranzbruderschaft mit Quellen aus anderen Städten (Köln, Leipzig, Frankfurt, Freiburg, Venedig) beschrieben wird. Doch Ranacher gelingt es gut, die Dresdner Dreifaltigkeitsbruderschaft als Idealtypus zu beschreiben und sie trotz ihrer dezidiert hervorgehobenen lokalen Komponente auch als Stellvertreterin anderer Bruderschaften zu charakterisieren. Dass er für die Rosenkranzbruderschaft stattdessen auf mehrere Städte eingeht, verdeutlicht deren überregionale Ausrichtung. Besonders wichtig ist dem Verfasser dabei die umfassende Nachvollziehbarkeit seiner ausführlichen methodischen Quellenarbeit, die in einem hohen Maß transparent gemacht wird und für Historiker eine wahre Freude ist. Für Nicht-Historiker mag dies dagegen an manchen Stellen etwas zu umfassend sein, doch es gelingt Ranacher sehr gut, den roten Faden zu behalten und klar verständliche, gut begründete Ergebnisse zu formulieren. Die dabei verwendete ökonomisch-moderne Begriffswahl (z. B. Effizienz, Innovation, Einsatz, Ertrag, Vorsorge) mag zunächst ungewohnt vorkommen, doch die Studie zeigt deutlich, wie sehr sie der zeitgenössischen Perspektive entsprechen kann.

Frederik Hochdorfer, Tübingen