David Zettl, Ein letztes Aufbäumen des Antimodernismus? Die Enzyklika „Humani generis“ und ihr theologiegeschichtlicher Kontext, Verlag Friedrich Pustet Regensburg 2022, 437 S., € 49,95.

D. Zettl OCist (Stift Rein) wurde mit der für die Veröffentlichung geringfügig überarbeiteten These an der Theologischen Fakultät der Universität Graz im Fach Kirchengeschichte promoviert (Begleitung: Prof. Dr. Michaela Sohn-Kronthaler). Im Zentrum der – das sei vorweg schon bemerkt – gut lesbaren Darstellung steht die 1950 von Papst Pius XII. veröffentlichte Enzyklika Humani generis. Für seine Forschung konnte der Verf. auf die neuesten Erkenntnisse aus dem Vatikanischen Apostolischen Archiv zurückgreifen. Zettls Hauptthese, nach der das päpstliche Lehrschreiben als letzter großer Versuch im katholischen Abwehrkampf gegen den Modernismus zu lesen ist, ist zuzustimmen (vgl. das Resümee der Arbeit, bes. 387–391, bes. 391). In einem ersten Kapitel (23–113) rekonstruiert der Verf. die – je nach Lesart – gegenläufigen Modernismusbegriffe. Er untersucht dazu die Rolle der Neuscholastik für die Ausbildung eines kirchlichen Antimodernismus und verfolgt die Umbrüche innerhalb der katholischen Theologie ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Loisy, Blondel, Maritain, Guardini et.). Das ganze zweite Kapitel (115–202) ist der französischen „Nouvelle théologie“ gewidmet. Intensiv beleuchtet Zettl die Konfliktgeschichte zwischen päpstlichem Lehramt und aufbrechenden theologischen Neuansätzen. Spannend zu lesen sind in diesem Zusammenhang die beiden Unterpunkte zur Dominikanerhochschule „Le Saulchoir“ (115–161: Chenu OP, Congar OP, Féret OP, Charlier OP) wie auch zur Jesuitenhochschule „Fourvière“ (161–202: Bouillard SJ, Daniélou SJ, de Lubac SJ) und darüber hinaus zu von Balthasar. Allesamt hatten – persönlich und/oder institutionell – damit zu kämpfen, dass das Römische Lehramt vor und nach 1950 alles dafür getan hat, die seitens der „Nouvelle théologie“ entworfenen neuen theologischen Konzepte radikal zu unterbinden. Im drittel Kapitel seines Buches (203–317) analysiert Zettl den Text der Enzyklika. Er kann zeigen, dass das päpstliche Dokument sich stilistisch eng an andere antimodernistische Schreiben anlehnt. Aus der inhaltlichen Analyse kann der Verf. höchst nachvollziehbar schlussfolgern, dass es die ausdrückliche Intention von Pius XII. war, gegen die „Neuerer“ vorzugehen. Dass der Versuch, eine strikt antimodernistische Position gesamtkirchlich durchzusetzen, misslang, zeigt der Paradigmenwechsel, der vom Zweiten Vatikanischen Konzil eingeleitet wurde. Diesem widmet sich die Studie in ihrem vierten Kapitel (319–386). Ein Abkürzungsverzeichnis (393f.), eine ausführliche Quellen- und Literaturübersicht (395–431) sowie ein Personenregister (433–437) runden die instruktive Studie ab. Vor allen denjenigen, die sich die von Rom so hart bekämpften Beiträge der beiden Ordensgemeinschaften des hl. Dominikus und des hl. Ignatius von Loyola zur Erneuerung der Theologie noch einmal vor Augen führen wollen, sei das Buch unbedingt empfohlen.

Ulrich Engel OP, Berlin – Münster