Universales Prinzip | Christologie nach Claude Geffré OP (2/2018)

Editorial

Engel, Ulrich | Halft, Dennis

Die Ansprüche einzelner Religionen, besonders der monotheistischen, auf absolute und universale Wahrheiten sind in der (post-)modernen, globalisierten Welt kaum (mehr) plausibel. Christlicherseits fordert die Pluralität der Religionen die exklusive Heilsvermittlung durch Jesus Christus heraus, der nicht mehr der Weg (Joh 14,6), sondern nur noch eine Nebenstraße unter vielen zu sein scheint. Wie lässt sich der Glaube an die (Heils-)Bedeutung von Leben, Tod und Auferstehung Jesu mit der religiösen Vielfalt in Einklang bringen? Die vorliegende Ausgabe von Wort und Antwort nimmt den religionstheologischen Ansatz des französischen Dominikaners Claude Geffré (1926–2017) zum Ausgangspunkt, um sich dieser Thematik zu stellen.

Stichwort

Theologie der Religionen

Kneer, Jan Markus

Die Theologie der Religionen ist eine junge Disziplin und kann in ihrer Entstehung mit dem Wandel des Faches in Verbindung gebracht werden, dem sie häufig zugeordnet wird: der Fundamentaltheologie.1 Der Wandel der Letzteren von der Apologetik zu ihrer heutigen Ausformung (als wissenschaftstheoretische Grundlegung der Theologie) bringt auch veränderte Wahrnehmungen anderer Religionen mit sich, die in der Theologie der Religionen reflektiert werden. Sie rezipiert anderweitige Beschäftigungen mit Religion (z. B. der Ethnologie, Religionswissenschaft und -philosophie), wirft aber über deren Horizont hinaus die Frage auf, welche Heilsbedeutung andere Religionen im Licht der Christus-Offenbarung haben können und welcher Wahrheitsanspruch ihnen zuzugestehen ist.

Beiträge

Jesus Christus, der alleinige Retter der Welt

Geffré, Claude

Im Lichte unserer gegenwärtigen Erfahrung des religiösen Pluralismus können wir die neutestamentlichen Texte und das Zeugnis der christlichen Tradition unter der Fragestellung lesen, ob man nicht einen prinzipiellen religiösen Pluralismus akzeptieren sollte. Umgekehrt könnte man zum Beispiel das äußerst strenge Urteil der Kirchenväter über die heidnischen Religionen und die Kulte ihrer Zeit, welche sie als vom Teufel inspiriert erachteten, geltend machen. Jedoch ist unsere gegenwärtige Erfahrung der großen Religionen grundverschieden, und wir können logischerweise nicht wissen, welche Auffassung die Väter gegenüber einer unbekannten Religion wie dem Islam und den ihnen kaum bekannten großen Religionen des Orients vertreten hätten. Daher ist es theologisch fruchtbarer, sich in Erinnerung zu rufen, dass die Kirchenväter bereit waren, „die Samen des Wortes“ in der philosophischen Weisheit der Heiden zu erkennen und zwar zu einer Zeit, in der sie einen massiven Pessimismus gegenüber den heidnischen Religionen an den Tag legten. Es ist also angebracht sich zu fragen, ob diese Lehre von den „Samen des Wortes“ nicht von bleibender Aktualität ist, um so den positiven Wert der nichtchristlichen Religionen zu denken, ohne die Normativität der christlichen Offenbarung infrage zu stellen. Dies jedenfalls war die Haupttendenz der katholischen Theologie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die in den Texten des II. Vatikanums wie Lumen gentium, Gaudium et spes, Nostra aetate und Ad gentes ihre feierliche Bestätigung gefunden hat.

Zwischen Inkarnation, Christozentrik und Alterität. Claude Geffrés religionstheologischer Ansatz als Lebenskunst

Halft, Dennis

Am 9. Februar 2017, kurz nach Vollendung seines 91. Lebensjahres, verstarb in Paris Claude Geffré.1 Der französische Dominikaner, der sich Zeit seines Lebens mit zeitgenössischen gesellschaftlichen Fragen in theologisch-systematischer Perspektive auseinandersetzte, zählt zu den profiliertesten Theologen der postkonziliaren Ära.2 Bekannt wurde Geffré vor allem durch sein Projekt einer „hermeneutischen Theologie“, das für eine stets neue Vermittlung der christlichen Botschaft zu den Gegenwartserfahrungen der Menschen plädiert.3 Im Zuge der hermeneutischen ‚Wende‘ in der Theologie befasste sich Geffré ab den 1980er Jahren intensiv mit religionstheologischen Fragen. Seine standortgebundene „christliche Theologie des religiösen Pluralismus“ unternimmt den Versuch, die Spannung zwischen dem christlichen Anspruch auf die (Heils-)Universalität Jesu Christi und der Vielfalt anderer Religionen, gerade in ihrer Differenz zur christlichen Botschaft, theologisch zu deuten.4 Nach wie vor stellt dieses Spannungsverhältnis eine wesentliche Herausforderung für eine Religionstheologie in christlicher Perspektive dar, die andere Glaubensüberzeugungen wertzuschätzen sucht, ohne die Geltungsansprüche des Christentums aufzugeben oder zu relativieren.

Das Christentum als Religion des Evangeliums. Claude Geffré und die Theologie der Religionen

Cortesi, Alessandro

Der folgende Beitrag von A. Cortesi kann aufgrund seines Umfangs nur gekürzt abgedruckt werden. Eine vollständige Fassung, die auch die Position von P. C. Phan darstellt und diskutiert, findet sich auf der Website unserer Zeitschrift: www.wort-und-antwort.de (Anm. der Schreiftleitung)

Die Christologie Claude Geffrés. Zur Bedeutung der nichtchristlichen Religionen

Berten, Ignace

Claude Geffré hat sich viel mit der Frage nach dem Sinn und den Bedingungen des interreligiösen Dialogs befasst. Sein letztes Werk, „Das Christentum als Religion des Evangeliums“1, ist eine Sammlung von Artikeln und Vorträgen, die anlässlich dieser Veröffentlichung überarbeitet worden sind. Der erste Teil, „Der christliche Unterschied“, setzt sich zugleich mit dem theologischen Status der nichtchristlichen Religionen und mit dem Spezifikum des christlichen Glaubens in seinem Verhältnis zu diesen Religionen auseinander.2 Von der offiziellen Lehre der Kirche, wie sie durch die „Erklärung Dominus Iesus über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche“ festgelegt worden ist – veröffentlicht im Jahr 2000 durch Kardinal Ratzinger, dem damaligen Präfekten der Glaubenskongregation mit päpstlicher Zustimmung Johannes Pauls II. –, distanziert er sich darin deutlich.3 Ich werde im Folgenden in vier Schritten vorg-ehen: In aller Kürze, was sagt Dominus Iesus? Der christologische Ansatz Geffrés, weiterführende Überlegungen, kurze Schlussfolgerung.

Claude Geffrés „Theologie des religiösen Pluralismus“. Eine Würdigung aus der Perspektive Komparativer Theologie

von Stosch, Klaus

Das Projekt Komparativer Theologie stellt eine theologische Neuentwicklung dar, mit der sich Claude Geffré nicht mehr explizit auseinandergesetzt hat. Dennoch gibt es eine Reihe von offensichtlichen Berührungspunkten und gemeinsamen Anliegen zwischen seiner „Theologie des religiösen Pluralismus“ und der Komparativen Theologie. Ich möchte das im Folgenden verdeutlichen, indem ich in einem ersten Schritt anhand von drei Stichworten Gemeinsamkeiten seiner Überlegungen mit der Komparativen Theologie herausstelle.1 Danach will ich, in einem zweiten Schritt, eine Spannung reflektieren, bei der sich aus komparativ theologischer Sicht Nachfragen an Claude Geffré ergeben. Diese Nachfragen beziehen sich auf Themenkomplexe, die zugleich wiederum wichtige Konvergenzen zwischen seinem Werk und den hermeneutischen Grundlagen Komparativer Theologie enthalten, so dass es hier um eine solidarische Kritik aus einer großen Nähe und Sympathie heraus gehen soll. Um jenseits dieser Kritik das gemeinsame Grundanliegen im Blick zu behalten, wird mein Beitrag mit einem knappen Schlussplädoyer enden, das noch einmal das dialogische Grundanliegen Geffrés aus komparativer Sicht zu würdigen versucht.

Dominikanische Gestalt

Chrys McVey OP (1933–2009)

Lohale, Prakash A.

Thomas Chrysostom McVey OP war ein dominikanischer Priester aus der Provinz des hl. Josef in den Vereinigten Staaten von Amerika. Er wirkte vier Jahrzehnte lang in Pakistan, war in Rom Sozius des Ordensmeisters für das Apostolische Leben und starb dann unerwartet am 29. Juni 2009 während einer Fahrt in der U-Bahn von Washington D.C.