Bild <> Wort | Spannende Verhältnisse (3/2019)

Editorial

Eggensperger, Thomas | Prcela, Frano

„60 Jahre – und kein bisschen weise“, das war ein Ohrwurm der 1970er Jahre und seit der Präsentation durch den Sänger Curd Jürgens auch eine gern gebrauchte Metapher für ein entsprechendes Jubiläum … Unsere Zeitschrift „Wort und Antwort“ erscheint in diesem Jahr im 60. Jahrgang! Ursprünglich hervorgegangen aus den „Rundbriefen“ für den III. Orden (die „Laienapostel“) bezeichneten sie sich 1960 übergangsweise als „Werkhefte für dominikanische Laienapostel“, um dann ab 1961 unter dem Titel „WORT UND ANTWORT – Zeitschrift für religiöse Vertiefung“ zu erscheinen.

Stichwort

Kirchliche Zeitschriften im Medienwandel

Ruh, Ulrich

Die Liste der religions- beziehungsweise kirchenbezogenen Zeitschriften in Deutschland ist immer noch ziemlich lang. Da finden sich auf katholischer Seite die Bistumsblätter und theologische Fachzeitschriften, Verbandszeitschriften katholischer Verbände und Ordenszeitschriften, daneben auch einige Organe mit allgemeinerem Anspruch. Aber dieses Imperium bröckelt längst: Auflagen gehen mehr oder weniger stark zurück, nicht zuletzt die von Bistumsblättern. Über den immer engeren kirchlichen Bereich hinaus werden die entsprechenden Medienprodukte kaum noch wahrgenommen.

Bild und Wort. Psychoanalytische Erkundungen zu Sinnlichkeit und Sprache

Funke, Dieter

Die Zeiten der digitalen Bilderflut erfordern es, über das Verhältnis von Sehen und Hören, von Bild und Wort nachzudenken. Dies geschieht hier unter psychoanalytischen Gesichtspunkten. Psychoanalytisch bedeutet, dass die verborgen-unbewusste Dimension von „Bild“ und „Wort“ in den Blick gerät. Beide Begriffe stehen in Anführungszeichen, weil sie hier nicht konkretistisch, sondern metaphorisch verstanden werden.„Bild“ steht für eine vorsprachlich-sinnliche Wahrnehmung, die sich im Sehen, Tasten, Schmecken, Riechen, in Gestik, Musik und Poesie vollzieht. Diese sinnliche Welterfahrung entsteht in der kindlichen Entwicklung vor dem Spracherwerb und stellt eine eigenes, sehr körpernahes Sinnsystem dar. Man könnte mit Alfred Lorenzer auch von der „Basisschicht der Persönlichkeit“1 sprechen, in der die präverbalen Fähigkeiten wie Intuition, Empathie und Einheitserfahrungen wurzeln.

Flucht denken. Facebook-Bilder und ihre Wirklichkeit

Paganini, Claudia

Die Fotografie zeigt zwei Männer. Der eine ein Polizist, der andere ein dunkelhäutiger junger Typ, kurzes schwarzes Haar, Vollbart, kräftiger Oberkörper, aggressive Körpersprache. Seine Augen fixieren den anderen mit einem eindringlich drohenden Blick, das Gesicht viel zu nah an seinem Gegenüber, als würde er jeden Moment angreifen wollen, zuschlagen. Ein solches Bild wurde im Mai 2018 von der rechtsgerichteten Gruppierung „German Meme Defence Force“ auf Facebook gepostet und mit den zynischen Worten überschrieben: „16jähriger Flüchtling stellt sich mutig einem Nazi-Abschiebepolizisten entgegen.“ Das Posting wird in kurzer Zeit rund 8.400mal geteilt, hauptsächlich von deutschen, aber auch von österreichischen, schwedischen und ungarischen Usern. Bald darauf wird es auf Twitter übernommen, wo auf der Seite der Jungen Alternative Essen ein Nutzer folgendermaßen kommentiert: „Der sympathische junge Schutzsuchende wird auf Dauer gewinnen, denn er hat ja die deutsche Regierung auf seiner Seite.“ Ganz ähnlich die österreichische FPÖ-Ortsgruppe Oggau, auf deren Facebook-Seite man liest: „Die Zukunft Deutschlands an genau einem Bild erklärt.“

Johannes vom Kreuz. Das Symbol der Nacht und seine vermeintlich islamische Herkunft

Delgado, Mariano

Sprachbilder bedürfen einer besonderen Hermeneutik, die sich von der der bildenden Kunst in einem wichtigen Punkt unterscheidet. Während letztere durch die materielle Darstellung der Einbildungskraft des Künstlers die Interpretation des Betrachters einigermaßen festlegt, behält das Poetische immer, so Hans-Georg Gadamer, „eine eigentümliche Unfixiertheit, indem es in der geistigen Allgemeinheit der Sprache etwas zur Darstellung bringt, was sich beliebiger Phantasieausfüllung noch offenhält“1. Ein Beispiel möge dies verdeutlichen: wer eine Darstellung des Fuji, des heiligen Berges der Japaner, sieht, mag dadurch auch an andere ihm bekannte Berge erinnert werden, aber seine assoziative Erinnerung geht von der Betrachtung des Fuji aus und bleibt daran gebunden. Wer hingegen bei Johannes vom Kreuz liest, dass der Geliebte mit Bergen identifiziert wird, der muss sich erst aufgrund der ihm bekannten Berge ein Bergmotiv in seiner Phantasie ausmalen, ohne zu wissen, welche konkreten Berge dem Mystiker zu diesem Bild veranlasst haben; und jeder einzelne Leser wird dies aufgrund der eigenen mit Bergen gemachten Erfahrungen anders tun, also ohne Gebundenheit an ein für alle vor Augen stehendes bestimmtes Bergmotiv wie der Fuji.

Ikonen. Grundlagen, Zugänge, Anfragen

Nemeth, Thomas Mark

Ikonen faszinieren über die Konfessionsgrenzen hinweg viele Christen. Es gibt unterschiedliche Zugänge zu ihnen und Vorstellungen darüber, was eine Ikone ausmacht. Es gibt zahlreiche Ikonenbücher, die aber oft wissenschaftlichen Kriterien nicht standhalten; in der Ikonenmalerszene kursieren Neologismen wie „Ikonen schreiben“, denen aus wissenschaftlicher Sicht widersprochen wird.1 Ikonen sind komplexe Phänomene der Geschichte, Kunst, Kultur und Theologie. Deshalb ist eine Annäherung an das Ikonenverständnis vielschichtig und zugleich auch bleibend offen, da sich die Ikonentradition auch heute weiterentwickelt und immer wieder neu gelesen wird.

TheoDom. C’est humain de penser à Dieu. Theologisieren für Ungeübte via Videoclips

Spichtig, Peter

Die französischen Dominikaner haben eine lange Tradition im offensiven Umgang mit Medien, was schon das ordenseigene Verlagshaus „Cerf“1 bezeugt. Überhaupt ist der Orden in Frankreich seit seiner Neugründung im 19. Jahrhundert sehr viel unabhängiger von ortskirchlichen Strukturen als etwa im deutschsprachigen Gebiet und somit einerseits zwar ökonomisch prekärer aufgestellt, andererseits aber auch entsprechend unabhängiger und innovativer. So wurde etwa auch die weltweit erste Fernsehmesse auf Drängen des Dominikaners Raymond Pichard realisiert. Zwar besaß 1948 noch kaum jemand ein Empfangsgerät, um der Mitternachtsmesse von Notre Dame in Paris in der guten Stube folgen zu können, aber ein zukunftsträchtiges Genre war geboren! „Le jour du Seigneur“ heißt die mit 70 Jahren älteste Sendung im französischsprachigen Fernsehprogramm überhaupt (zum Vergleich: das ZDF strahlt Gottesdienste seit 1979 aus). Noch erstaunlicher dabei ist, dass diese von den Dominikanern im Auftrag der Katholischen Kirche produzierte eineinhalbstündige Sendung am Sonntagmorgen auf einem öffentlich-rechtlichen Kanal läuft (France 2), und das im laizistischen Frankreich! Sie bietet jeweils ein halbstündiges Magazin über religiöse Fragen und während einer Stunde die Live-Übertragung der Sonntagsmesse aus wechselnden Orten.

Dominikanische Gestalt

Meister Eckhart. Bildlosigkeit

Hafner, Jonas

„Die (zweite) Eigenschaft des Bildes sollt ihr in der Gleichheit des Bildes erkennen, und hier merkt in Sonderheit auf zwei Stücke: Das eine ist dies: Das Bild ist nicht aus sich, noch (zweitens) ist es für sich selbst (Mittelhochdeutsch:) daz bilde enist sîn selbes niht, noch enist im selber niht. In gleicher Weise, wie das Bild, das im Auge empfangen wird: das stammt nicht aus dem Auge und hat kein Sein im Auge, sondern es hängt und haftet einzig an dem, dessen Bild es ist.Darum ist es weder aus sich selbst noch ist es für sich selbst, sondern es stammt eigentlich von dem, dessen Bild es ist und gehört ihm gänzlich, und von ihm nimmt es sein Sein und ist dasselbe Sein.“1