Führen und Leiten | Kirche lernt fremd (1/2019)

Editorial

Eggensperger, Thomas | Prcela, Frano

Der Untertitel unseres Heftes „Kirche lernt fremd“ verweist auf die zentrale Fragestellung: Ist es sinnvoll, Praktiken, Formen und Methoden von Führung und Leitung, wie sie in der freien Wirtschaft Standard sind, kirchlicherseits zu adaptieren oder gar im Blick auf die Entwicklung eigener Führungsmodelle und Leitungsstile übernehmen?

Stichwort

Führungskonzepte aus der Wirtschaft

Jürgens, Benedikt

Seit geraumer Zeit experimentieren kirchliche Organisationen nicht nur mit Führungskonzepten aus der Wirtschaft, vielmehr werden sie mehr oder weniger flächendeckend genutzt. Durchdachte Führungskonzepte entstanden in der Wirtschaft seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die Unternehmungen so komplex geworden waren, dass sie nicht mehr durch einzelne charismatische Unternehmerpersönlichkeiten gesteuert werden konnten. Die Eigentümer griffen immer weniger in die strategische und operative Arbeit in den Unternehmen ein, sondern beauftragten angestellte Manager mit dieser Aufgabe. Die Ausbildung dieser neuen Berufsgruppe übernahmen im deutschsprachigen Raum die neu errichteten Technischen und Handels-Hochschulen. In den USA arbeiteten die zur gleichen Zeit entstehenden Business Schools von Anfang an eng mit den Universitäten zusammen und etablierten seit Beginn des 20. Jahrhunderts die Disziplin der „Business Administration“. Sowohl im deutschsprachigen Raum als auch in den USA gab es zugleich einen engen Zusammenhang zwischen unternehmerischer Praxis und wissenschaftlicher Forschung.

Führung übernehmen, Macht abgeben

Dessoy, Valentin

Kirche muss lernen, sich in einer Welt zu bewegen, die sich rasant verändert. Reformen in der Vergangenheit blieben weitgehend kulturimmanent.1 Die Folgen sind offensichtlich: Die Diskrepanz zur umgebenden Welt wird immer größer, der Abbruch schreitet voran. Die Verantwortung für die Entwicklung liegt bei den Führungskräften. Ihr Handeln ist die zentrale Stellschraube („Führung geht voran“) und zugleich der kritischste Faktor.

Führen in Zeiten von Abschied und Neuentwicklung der Kirche

Pfeffer, Klaus

„Führen muss man wollen – und leiten muss man können.“ So war meine erste Fortbildung für Führungskräfte überschrieben, an der ich als junger Priester vor knapp zwanzig Jahren teilnahm. Ich hatte die Leitung einer Jugendbildungsstätte übernommen, in der ich Veränderungsprozesse anstoßen sollte. Der theologische Fächerkanon während meiner Ausbildung war umfangreich, aber Führungswissen kam nur spärlich vor. Jetzt wurde mir klar, dass die Leitung einer Organisation eine eigene Kompetenz verlangt. Damals erfuhr ich leidvoll, dass Organisationen aus sich heraus selten Veränderungen wollen. Sie ringen eher um ihren Selbsterhalt. Führung verlangt deshalb, die Menschen in einer Organisation in Bewegung zu bringen. Das setzt voraus, die Führungsrolle anzunehmen und führen zu wollen. Dass es neben diesem Wollen dann auch um Können geht, versteht sich von selbst: Führung braucht auch Wissen, praktische Instrumente und Intuition.

Vom Mütterverein zum modernen katholischen Frauenverband. Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd)

Mertens, Heide

Der Bundesverband der katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) hat im Jahr 2018 sein 90-jähriges Bestehen gefeiert. Einige der im Bundesverband zusammengeschlossenen Diözesanverbände konnten bereits ihr 100-jähriges Jubiläum feiern. Die kfd hat auch heute noch 450.000 Mitglieder in 20 Diözesanverbänden und einem Landesverband. Die überwiegende Zahl ihrer Mitglieder ist in 4.000 pfarrlichen kfd-Gruppen mit eigenen Vorständen organisiert. In den großen Diözesanverbänden gibt es zudem Dekanats- oder Regionalkonferenzen.tionen aus sich heraus selten Veränderungen wollen. Sie ringen eher um ihren Selbsterhalt. Führung verlangt deshalb, die Menschen in einer Organisation in Bewegung zu bringen. Das setzt voraus, die Führungsrolle anzunehmen und führen zu wollen. Dass es neben diesem Wollen dann auch um Können geht, versteht sich von selbst: Führung braucht auch Wissen, praktische Instrumente und Intuition.

Mit neuen Strukturen in die Zukunft. Die Elisabeth-Schwestern von Essen

Bövingloh, Diethilde

Die Ordensgemeinschaft der Barmherzigen Schwestern von der hl. Elisabeth ist eng mit der Stadt Essen und dem Ruhrgebiet verbunden. Als sozial tätige Schwestern kümmerten sie sich seit 1843 um die Not der Menschen in dem aufstrebenden, von Kohle und Stahlgeprägten Industriegebiet. Insgesamt engagierten sich im Laufe der vielen Jahre 1253 Schwestern für die „Ruhris“, wie sie liebevoll sagen.

Wirtschaftliches Führen in der Kirche. Lernen von der Wirtschaft?

von Freyberg, Ernst

Ist das Wirtschaften in der katholischen Kirche überhaupt so anders als das der „Wirtschaft“1? Gibt es dort Konzepte, die in der katholischen Kirche unbekannt sind? Schließlich wirtschaftet die katholische Kirche in Deutschland ja recht eindrucksvoll: Genannt seien hier nur das im Jahr 2018 höchste jemals erreichte Kirchensteueraufkommen mit über 6 Milliarden Euro, mehr als 700.000 Mitarbeiter*innen in Caritas und kirchlichem Dienst und über 400 Krankenhäuser in Deutschland in katholischer Trägerschaft (jedes fünfte!).

Dominikanische Gestalt

Mutter M. Cherubine Willimann OP (1842–1914)

Jurt, Scholastika

Wie sieht Führung in einem Kloster aus? In einer Gemeinschaft, einer Frauengemeinschaft am Ende des 19. Jahrhunderts? Mutter M. Cherubine, die Gründerin der Arenberger Dominikanerinnen, trug nie den Plan im Herzen, eine Kongregation zu gründen, sie hegte nicht einmal den Wunsch, eines Tages ihre Schweizer Heimat zu verlassen und in der Garnisons- und Festungsstadt Koblenz am Rhein eine Gemeinschaft aufzubauen und zu führen.